
Die Zeiten werden immer schneller. Alles läuft und läuft noch schneller. Die Tage sind anstrengend und laugen aus. Morgens genau so müde, wie abends, wenn ins Bett gegangen wird. Ich fühle mich wie in Watte gepackt und hilflos ausgeliefert. Dies geht seit Jahren so und der Ausweg aus dem Kreislauf ist nicht ersichtlich. Eher dreht sich alles noch schneller. Bis es einen Knall macht. Ich falle einfach um in meiner eigenen Küche. Alle sind in heller Aufregung und laufen wie die aufgeschreckten Hühner rund um mich. Ich liege am Boden und bin froh, dass ich mich nicht mehr bewegen brauche. Ich für meinen Teil liege und atme und dies ist so beruhigend. Es hüllt mich ein und ich schließe die Augen und höre und sehe nichts mehr.
Die Sonne scheint, es ist warum und die Vögel zwitschern. Meine Gedanken beginnen sich zu Fragen, wie das sein kein, dass mir die Sonne ins Gesicht scheint. Ich war doch in der Küche einfach umgefallen. Jetzt rieche ich Blumen, spüre die Wärme der Sonne und des Grases unter mir. „Ich lieg auf Gras? Wie kann das sein?“, mein Kopf versteht nicht. Die Vögel singen ihr Lied in einer Lautstärke, die schon an laute Musik erinnert.
Mein Körper beginnt sich zu bewegen und es ist wirklich Gras, auf dem ich liege. Ich traue mich nicht meine Augen zu öffnen, den die Angst, dass alles nur ein Traum ist, ist sehr präsent. Und doch drängt mich in meinem Inneren etwas, es doch zu tun. Langsam beginnen meine Augen zu blinzeln und das Licht der Sonne ist tatsächlich da. Ich bilde mir das nicht nur ein. Eine Stimme spricht in meinem Kopf: „Jetzt mach doch schon die Augen auf! Du verpasst doch alles!“ Also gut, ich öffne langsam meine Augen und bin so überwältigt von den Farben und den Dingen, die mich umgeben. Alles leuchtet in den schönsten Sommerfarben. Die Sonne lacht vom strahlend blauen Himmel. Das Gras hat ein sattes Grün und die Blumen riechen, dass es eine Freude ist. Die Bienen summen von einer Blume zur nächsten und es fühlt sich so an, als würden sie mich beim vorbei fliegen willkommen heißen und freundlich grüßen.
Ich sitze tatsächlich auf Gras und lasse meine Hände in einer Ehrfurcht über die grünen Halme streichen, sodass mich diese kitzeln und ich lächeln muss. Die Sonne scheint mir ins Gesicht und ich genieße diese Wärme. Es ist ewig her, dass meine Person so etwas erlebt hat. In meinem Inneren drängt mich etwas aufzustehen und mich zu bewegen. Ich steh auf und folge dem Geräusch von rauschen, welches vom Rand der Wiese zu hören ist.
Am dortigen Waldrand, wo die Wiese in den Wald übergeht, fließt ein kleiner Bach. Er hat lustige Wirbel und gurgelt in einer rhythmischen Melodie vor sich hin. Hinsetzten an den Uferrand und das Wasser zu beobachten, wie es vor sich hinfließt, ist etwas herrliches. Es fließt und lässt sich nicht aufhalten, egal woran es anstößt. Es fließt darüber, darunter oder einfach rundherum. Die Wege sind nicht vorhersehbar, jedoch finden sich diese in Leichtigkeit. Es fließt, ohne zu werten, ohne zu wollen. Es fließt, egal wo und wie. Es fließt.
Etwas drängt mich aufzustehen und weiterzugehen. Ich überspringe den kleinen Bach und trete in den Wald hinein. Dort ist das Licht sehr gedämpft und die Geräusche sehr verhalten und doch ist dieses Gefühl des umarmt und getragen Werdens sehr präsent. Die Luft riecht moosig, erdig und doch sehr frisch. Das Harz der Bäume verströmt seinen Duft und hat eine beruhigende Wirkung auf mich. Das Gefühl, als wäre ich in einer anderen Welt, durchdringt mich. Der leichte Wind lässt die Baumwipfel tanzen und rauschen.
Ich folge einem schmalen Waldweg weiter hinein und erkenne so manche Fratze an den Bäumen die mich ansieht. Das Gefühl, dass mir diese Gesichter etwas sagen wollen, verstärkt sich immer mehr, je weiter der Wald mich umfängt. Dadurch werde ich unruhig und sehe mich vermehrt um, ob mir jemand folgt. Doch ich bin allein und doch nicht allein. Die Vögel fliegen auf, die Rehe springen davon, wenn sie mich hören und auch ein Fuchs springt in die andere Richtung davon, als er mir gewahr wird. Plötzlich öffnet sich der Wald und gibt eine große Lichtung preis.
Am Waldrand stehend nehme ich dieses Bild der Stille und dieser besonderen Stimmung in mir auf. Ich traue mich fast nicht zu atmen, den diese erhabene Ruhe, die auf dieser Lichtung herrscht, mir den Atem raubt und doch werde ich von einer besonderen Energie angezogen. Schritt für Schritt am Waldrand entlang, nähere ich mich dem dort befindlichen großen Hinkelstein, welcher sich auf der gegenüberliegenden Seite befindet. Bei dieser Umrundung erkennt unsereins, dass sich in der Mitte der Lichtung ein Labyrinth befindet. Dieses hat eine Energie die sichtbar ist für meine Augen. Die Luft flimmert über den gelegten bläulich schimmernden Steinen.
Beim Hinkelstein angekommen muss sich meine Wenigkeit erst mal setzen. Diese Energie auf dieser Lichtung übermannt einen. Nach einer kurzen Verschnaufpause zieht es mich zum Eingang des Labyrinthes. Meine Gedanken überschlagen sich und ergeben überhaupt keinen Sinn. „Was soll ich da? Für was soll das gut sein? Mein Leben ist doch sowieso vorgezeichnet und vorgegeben.“ und diese lauten Gedanken war auf einmal weg. Einfach weg. Ich konnte es nicht fassen und doch war es so.
„Also auf was wartet du?“, sprach die innere Stimme zu mir und mein linker Fuß setzte sich von allein in Bewegung. Der erste Schritt ins Labyrinth. Es war stille in meinem Gehirn und diese Stille war fühlbar. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Meine Füße bewegten sich von allein und in einem sehr langsamen und achtsamen Tempo. Mit jedem Schritt formte sich die erste Frage „Wie gehst du rein?“. Ich verstand diese Frage nicht und doch war die Antwort bereits da. „Ich gehe mit Ruhe und Achtsamkeit für mich.“ Somit wurden die nächsten Schritte in Ruhe und Achtsamkeit gegangen, bis zur ersten Ecke. Dort änderte sich die Frage.
Die innere Wahrnehmung nahm die zweite Frage wahr, „Was soll sich zeigen?“. Auch hier war die Antwort bereits mit der Frage da. „Es darf sich der erste Schritt der Erneuerung zeigen.“ Mein Ego begann zu schnattern, „Was soll den das sein?“ und wurde durch die innere Stille zum Schweigen gebracht. Das Ego wurde auf die Ersatzbank mit einem Keks geschickt. Meine Füße gingen weiter in Ruhe und Achtsamkeit und mein Gefühl bestätigte mir, dass es Zeit war eine Änderung in meinem Leben vorzunehmen. An der nächsten Ecke, kam auch schon die neue Frage.
„Wie soll es sich zeigen?“ und auch hier kam die Antwort zeitgleich, „In deinem Innersten. Nimm wahr.“ Mein Gehirn formte die Frage „Und wie soll das gehen?“ und die Stille lies diese Frage einfach durchlaufen. Meine Schritte bleiben in Ruhe und Achtsamkeit und mein Gefühl wurde gestärkt, dass alle seine Richtigkeit hat. Schneller als mir lieb war, zeigte sich wieder eine Ecke und somit die nächste Frage.
„Wann zeigt es sich?“ mit der Antwort „Jederzeit.“ „Jederzeit?“ erzeugte in mir ein Gefühl des Unwohlseins, jedoch nahm auch hier die Stille dieses Unwohlsein an sich und ersetzte es mit dem Wort „vertraue“. Gestärkt durch diese Unterstützung blieben meine Schritte ruhig und achtsam.
„Irgendwie werden doch diese Strecken zwischen den Fragen kürzer?“ ging mir doch den Kopf und die Stille antwortete mit „Ja und das ist gut so. Fühle.“ Die nächste Ecke war erreicht und folgende Frage kam:
„Was zeigt sich?“. Hier war die Stille sehr präsent und dieses Stille ist einfach. Ohne Bild und auch dieses darf angenommen werden. Puh, dass war alles andere als leicht, den das Ego und das Gehirn sprangen von ihren Plätzen auf und wollten sich einschalten, jedoch wurden sie neuerlich mit einem Keks beruhigt und sie konnten sich wieder setzten. Also gut, weiter in Ruhe und Achtsamkeit. Neuerlich eine Ecke und eine neue Frage.
„Weshalb dieses?“ „Keine Ahnung was diese Frage soll.“, seufzte ich. Doch in diesem Augenblick kam die Antwort, „Weil nur du es ändern kannst.“ „Ach du lieber Himmel, genau das habe ich jetzt gebraucht“ augenverdreh und die Stille ermahnte mich achtsam und ruhig zu bleiben. Ich atmete einmal tief durch und ließ die Luft hörbar raus. Dies ermöglichte der Energie sich neu zu sammeln und mein Gefühl verstand diese Antwort sehr gut. „Wer außer mir selbst kann etwas ändern. Es geht um mich und somit kann die Änderung nur durch mich geschehen.“, dies war jetzt klar fühlbar. Kaum wahrgenommen, war auch schon die letzte Ecke vor der Mitte erreicht.
„Bist du bereits?“, war die Frage. Meine Antwort war ein ruhiges und achtsames weiter gehen in die Mitte und ein Verweilen in dieser. Dort wurde mir durch die Stille ein wunderschönes Bild geschenkt, dass mich zeigte, wie ich nach dieser Veränderung in mir selbst, dieses im Außen erlebe und zeige. Dieses Bild zeigte eine wunderschöne Frau mit den ihr liebenden Menschen um sich. In einer Umgebung die von Fülle und Frieden nur so strotzte. Dieses fließen des Lebens, der Liebe, der Fülle und des Friedens war eine Leichtigkeit, wenn sich der Mensch darauf einlässt, und diese Veränderung darf jeder für sich selbst vornehmen.
Das Bild wurde durchsichtiger und löste sich langsam auf. Die Stille forderte mich auf langsam und mit Bedacht auf den Rückweg zu machen. Beim Verlassen des Labyrinthes wurden die Fragen in verkehrter Reihenfolge nochmals gezeigt und die vorhin getroffene Entscheidung bestätig. Beim Verlassen des Labyrinthes war mir klar, dass nur ich diese Veränderung in mir selbst vornehmen kann und sich dadurch auch mein äußeres Leben verändert. Ich berührte den Hinkelstein und war von Ehrfurcht und Dankbarkeit erfüllt.
Ich schlug meine Augen auf und wusste nicht gleich, wo ich war. Der Arzt und die Krankenschwester lächelten mich an und meinten „Schön, dass sie wieder zurück sind.“ Etwas verwirrt wurde mir erklärt, was passiert ist und wo ich mich befand. Nach ein paar Tagen konnte ich die Klinik verlassen und hatte einen festen Entschluss gefasst, ab jetzt bin zuerst ich wichtig und dann erst alle anderen. Diese Entscheidung brachte mein ganzes Leben in Bewegung und diese Bewegung hält bis heute an.
10. März 2024 (Neumond in den Fischen)
Für Tag und Nachtgleiche Feier am 23.März.2024
Monja Brunner